28.02.2022

Filmen in Slow Motion- Einfach selbst gemacht

Selbst schnellste Bewegungen von Tieren und beim Sport vollziehen sich in der Zeitlupe mit atemberaubender Anmut. Wir erklären, wie du Videos in diesem beliebten Format selbst machst.

Die passende Ausrüstung

Der Einstieg in spannende Zeitlupen-Videos ist leichter und günstiger als du denkst. Mit diesem Equipment legst du direkt los.

Starke Kamera

Einige Kompaktkameras wie etwa die Modelle aus der RX100-Serie von Sony machen kurze Zeitlupensequenzen mit bis zu 100 fps bei einer Auflösung von 1.136 x 384 Pixeln schon zum Budget-Preis möglich. Reduziere die Bildfrequenz, um die Auflösung zu erhöhen.

Solides Stativ

Ein stabiles Foto- oder Videostativ stellt sicher, dass Bewegungsunschärfe durch leichte Wackler die Bildqualität Ihrer Zeitlupensequenzen nicht negativ beeinträchtigt. Günstige, aber gleichzeitig hochwertige Modelle sind schon für rund 50 Euro bei uns erhältlich, wie etwa das Rollei Compact Traveler Mini M1 oder das Manfrotto Compact Light.

Künstliches Licht

Bei schnellen Bildfrequenzen muss die Verschlusszeit deiner Kamera entsprechend kurz eingestellt werden, um eine korrekte Belichtung des Videos sicherzustellen. Was in der freien Natur oft ohne Hilfsmittel möglich ist, muss im Studio mit künstlichem Licht erfolgen.

Software und Tools

Dedizierte Zeitlupen-Software wie „Respeedr“ ist schon für rund 50 Euro erhältlich. Für den Schnitt und die Nachbearbeitung bieten auch kostenlose Programme wie „Davinci Resolve“ ausreichend viele Funktionen und sogar entsprechende Interpolations-Funktionen.

Slow Motion
Wie beim Filmen allgemein gilt es auch bei Zeitlupensequenzen, Wackler so weit wie möglich zu reduzieren. Ein Gimbal, eine Videoschiene oder ein Slider bringen dennoch Bewegung ins Bild.

Slow Motion – Verborgene Bildwelten

Wer sich mit dem Filmen von Videos näher beschäftigt, stolpert früher oder später über Kenngrößen, die Fotograf:innen in dieser Form nicht kennen.

Eine davon ist die sogenannte Framerate oder Bildfrequenz. Zunächst zum Basis-Wissen: Damit eine Folge von Standbildern den Anschein erweckt, dass sich darin befindliche Motive bewegen, sind abhängig vom Betrachter mindestens 20 bis 24 Einzelbilder pro Sekunde nötig.

In der frühen Film-Geschichte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts kamen die bewegten Bilder noch mit 16 Bildern pro Sekunde aus – schnelle Bewegungen konnten so allerdings nur sehr abgehackt dargestellt werden – kurz: je höher die Bildfrequenz, desto flüssiger nimmt das menschliche Gehirn bewegte Bilder auch wahr.

Erst ab den 1950er-Jahren etablierten sich weltweit verschiedene Normen, die die Übertragung von Videomaterial standardisierten und somit unter anderem auch die Bildfrequenz für Aufnahme- und Abspielgeräte auf Basis der Netzfrequenz des Wechselstroms festsetzten.

In Nordamerika sowie einigen Teilen Südamerikas und Asiens wurde so der NTSC-Standard (Abkürzung des zuständigen National Television Systems Committee) eingeführt.

Angelehnt an die bis dato vorherrschenden Schwarz-Weiß-Normen betrug die Bildfrequenz für die Ausstrahlung von Farbinhalten 29,97 Vollbilder pro Sekunde. Europa, Russland, Australien, weite Teile Asiens und Afrikas setzten dagegen auf die französischen Eigenentwicklungen SECAM oder das deutsche PAL-Format, beides Systeme mit 25 Vollbildern pro Sekunde.

Mithilfe einer Zeitlupensequenz machen Sie Vorgänge sichtbar, die ansonsten verborgen bleiben – perfekt für filmische Akzente in jedem Video.

Mehr Bilder, mehr Möglichkeiten

Für internationale Kinoproduktionen haben sich hingegen nur 24 Vollbilder pro Sekunde etabliert – ein Überbleibsel aus den analogen 1920er-Jahren und damals ein Kompromiss, um den Verbrauch des teuren Filmmaterials niedrig zu halten.

Auch heute noch, in Zeiten hochauflösender Digitalinhalte halten sich die drei genannten Bildfrequenzen von 24, 25 und 30 fps (frames per second: „Bilder pro Sekunde“) hartnäckig.

Doch was nutzen Bildfrequenzen jenseits dieser Marke – warum sind Kameras in der Lage, 60, 120 oder noch mehr Bilder pro Sekunde aufzuzeichnen?

Auch wenn das menschliche Auge Einzelbild-Sequenzen mit höherer Frequenz nicht mehr zuverlässig zu unterscheiden vermag, wirkt entsprechendes Videomaterial dennoch flüssiger und subjektiv auch schärfer – erst recht, wenn sehr schnelle Bewegungen oder sich schnell verändernde Bildausschnitte zu sehen sind, denn: Verdoppelt sich die Bildfrequenz, halbiert sich schließlich auch die Zeit, in der kein Bildinhalt aufgenommen
wird.

Ein Rechenbeispiel anhand der 180-Grad-Shutter-Regel verdeutlicht diesen Umstand: Bei einer Basisfrequenz von 25 fps sollte die Verschlusszeit entsprechend auf 1/50 Sekunde eingestellt werden.

Zwischen zwei Einzelbildern vergeht somit genauso viel Zeit wie in jedem belichteten Einzelbild selbst. Genau dieses Verhältnis sorgt schließlich für einen vertrauten Bildeindruck.

Bei analogen Filmkameras entspricht diese Lücke der Zeit, die benötigt wurde, um das Filmmaterial zwischen zwei Aufnahmen weiter zu transportieren.

Soll der beschriebene Bildeindruck auch bei höheren Bildfrequenzen bewahrt werden, sollte beim Aufzeichnen mit 50 fps die Verschlusszeit entsprechend auf 1/100 Sekunde eingestellt werden – bei 100 fps auf 1/200 Sekunde.

Das bedeutet am Ende, dass für jedes Einzelbild im Vergleich zur Aufnahme mit der Basisfrequenz von 25 fps aber auch weniger Licht zur Verfügung steht.

Wenn das Videomaterial also gleich belichtet werden soll, muss über die ISO-Werte oder die Blendenöffnung kompensiert werden. Ein Punkt, den es im Hinterkopf zu behalten gilt, da dadurch mehr störendes Rauschen zu sehen sein kann – zumindest, wenn ausschließlich über die ISO-Empfindlichkeit reguliert wird.

Ähnlich wie in der Fotografie sorgt auch beim Filmen von Zeitlupensequenzen eine kurze Verschlusszeit für scharfe Bilder – eine künstliche Ausleuchtung sorgt dabei für niedrige ISO-Werte.

Zeit bewusst verlangsamt

Während das Filmen mit 50 fps etwa bei schnellen Sportveranstaltungen oder auch bei Autorennen somit für deutlich weniger Bewegungsunschärfe in den Aufnahmen sorgt, reduzieren sich die Vorteile bei der Aufzeichnung mit noch höheren Bildfrequenzen zunehmend.

Doch es gibt noch einen weiteren Einsatzzweck für Videomaterial mit 50 fps und mehr: die sogenannte Zeitlupe oder Slow Motion Aufnahmen.

In diesem Fall zeichnest du ein Geschehen vor der Kamera zwar mit einer hohen Bildfrequenz auf, gibst es allerdings im Anschluss mit reduzierter Geschwindigkeit wieder aus. Doch Vorsicht: Unterschreitet das ausgegebene Material die Basisfrequenz von 25 fps, werden Bewegungen im Motiv nur noch mit lästigen Rucklern dargestellt.

Ein paar Anwendungsbeispiele sowie Tipps und Tricks für packende Zeitlupen: Wenn du mit 50 fps filmst, kann das Video ohne Qualitätsverlust mit halber Geschwindigkeit abgespielt werden.

Eva & Timo | Hochzeit | Slowmotion Trailer

Ein Effekt, der ganz bewusst eingesetzt werden kann, um etwa Emotionen in Gesichtern noch eindringlicher zu zeigen. Eine Großaufnahme in leichter Zeitlupe von einem strahlenden Lachen untermalt von stimmungsvoller Musik sorgt so für einen echten Hingucker in jedem Hochzeitsvideo.

Wenn du dagegen mit 100 fps aufzeichnest, lässt sich das Material um den Faktor 4 verlangsamen – aus einer Sekunde Ausgangsmaterial werden also maximal vier Sekunden im fertigen Video.

Hier können selbst schnellste Bewegungen – wie etwa beim Action-Sport – bildgewaltig und mit einem Einblick in ansonsten verborgene Details gezeigt werden.

Doch Vorsicht beim Thema Ton im Zusammenhang mit Zeitlupen-Aufnahmen: In den meisten Fällen wird der Ton entweder nur in Originalgeschwindigkeit oder meist auch gar nicht aufgezeichnet. Stelle dich also auf jeden Fall darauf ein, diese Sequenzen im Schnitt mit stimmungsvoller Musik oder Effekten zu untermalen. Vorhandener Ton muss notfalls manuell verlangsamt werden.

Die Manipulation der Zeit

Einige Kameras – vornehmlich im Bereich der Kompaktkameras, aber auch bei den Smartphones – sind sogar in der Lage, kurze Sequenzen mit bis zu 1.000 fps aufzuzeichnen.

Aus einer Sekunde in der Realität werden hier 40 Sekunden Video. Selbst der sprichwörtliche Wimpernschlag, der Flügelschlag eines Vogels oder auch das Zerplatzen eines Luftballons vollzieht sich so im Schneckentempo.

Hierfür bedienen sich die Ingenieure eines cleveren Tricks: Lediglich ein Teil der gesamten Sensorfläche wird ausgelesen, fehlende Bildinformationen werden durch Interpolation – der Berechnung von Zwischenbildern und Inhalten – erzeugt.

Eine Methode, die am Ende leider zulasten der Bildqualität und in den häufigsten Fällen auch auf Kosten der Auflösung geht. Nur so ist im Bereich von Consumer-Produkten eine derart hohe Bildfrequenz aber überhaupt möglich.

Für professionelle Anwendungen kommen speziell konstruierte Kameras und Sensoren zum Einsatz, die aufgrund der enormen Datenströme teilweise sehr aufwendig gekühlt werden müssen und wegen ihrer geringen Stückzahlen mit hohen Anschaffungskosten verbunden sind.

So zeichnen moderne Hochgeschwindigkeitskameras mit einer Bildfrequenz im fünf-, sechs- oder sogar siebenstelligen Bereich auf.

Per Software lassen sich Zeitlupen weiter verbessern oder sogar erst möglich machen.

Zeitlupen selbst gemacht

Bleibt zuletzt noch die Frage, wie aus einem Video mit hoher Bildfrequenz überhaupt ein Video mit reduzierter Geschwindigkeit wird. Hier gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Einige Kameramodelle verfügen bereits über integrierte Programme, die entsprechende Sequenzen vollautomatisch verlangsamen.

Zur Kontrolle der Ergebnisse vor Ort und für schnelle Zeitlupensequenzen sind diese Daten sehr gut geeignet – mehr kreative Kontrolle bietet allerdings die nachträgliche Umwandlung per Software.

Die meisten Schnittprogramme verfügen über dedizierte Einstellungsregler, die die Geschwindigkeit der zugrunde liegenden Daten anpassen lassen – mehr noch: Per Keyframing.

Dem Setzen von Einstellungsmarkern entlang der Zeitleiste

Das lässt sich die Wiedergabe-Geschwindigkeit nicht nur unkompliziert regeln, sondern auf Wusch im Laufe einer Sequenz auch variieren. Sie verlangsamen die Zeit so ganz gezielt an einer Stelle im Video, während der Rest mit Normalgeschwindigkeit weiterlaufen kann.

Professionelle Schnittprogramme oder Nachbearbeitungs-Tools wie Adobe Aftereffects stellen darüber hinaus Funktionen zur Verfügung, die Zeitlupen weiter verbessern – mit ein paar digitalen Tricks wohlgemerkt.

So werden die Daten nachträglich hochgerechnet, Zwischenbilder werden erzeugt und Zeitlupensequenzen sogar mit Standard-Material so überhaupt erst möglich gemacht.

Einstellungssache

Je nachdem, wie viele Bilder pro Sekunde zur Verfügung stehen, lassen sich ganz unterschiedliche Aufnahmen realisieren.

1/2 Geschwindigkeit
Zeichnest du mit 50 fps auf, lässt sich die Abspiel-Geschwindigkeit ohne Qualitätsverlust halbieren. Aufnahmen mit halber Geschwindigkeit kommen unter anderem dann zum Einsatz, wenn (wacklige) Freihand-Videos von Landschaften
gezeigt werden sollen.

1/4 Geschwindigkeit
Soll ein Video mit viertel Geschwindigkeit abgespielt werden, solltest du mindestens mit 100 fps aufzeichnen. Diese Sequenzen eignen sich perfekt für Aufnahmen von schnellen Bewegungen im Sport und bei Tieren oder auch im Alltag, um Ruhe zu symbolisieren.

1/8 Geschwindigkeit
Mit einer Bildfrequenz von 200 fps oder mehr lassen sich bereits spektakuläre Effekte erzielen: Bei einer Wiedergabegeschwindigkeit von 12,5 Prozent zeichnen Wasserspritzer beim Auftreffen eindrucksvolle Formen, und auch Regentropfen fallen in sehenswertem Tempo.

1/40 Geschwindigkeit
Einige Smartphones und Kompaktkameras sind in der Lage, Sequenzen mit bis zu 1.000 fps aufzuzeichnen. Diese Datenmenge erlaubt, Videos mit 2,5 Prozent ihrer Geschwindigkeit abzuspielen. Selbst schnellste Vorgänge wie der Flügelschlag eines Kolibris vollzieht sich anschaulich.

Super-Zeitlupe
Wer die Flugbahn einer Gewehrkugel oder andere, mit bloßem Auge nicht sichtbare Vorgänge, festhalten will, muss zu dedizierten Highspeed-Kameras greifen. Bei 10.000 fps wird aus einer Sekunde Original-Video bereits eine Sequenz mit über 6 Minuten Dauer.

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