08.09.2020

Extrembergsportler, Fotograf und Filmemacher: Philipp Reiter im Interview

Der Extrembergsportler, Fotograf und Filmemacher Philipp Reiter über den Reiz des Extremsports, seine spektakulärsten Touren und die Frage, was ihn antreibt.

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Philipp, ganz ehrlich, uns ist fast schlecht geworden, als wir eins deiner neuesten Videos gesehen haben.

Okay – weshalb?

Wir meinen die Watzmann-Überschreitung von Toni Panzer in Rekordzeit Ende Juni. Man sieht, wie du hinter ihm herrennst über den Grat der Mittelspitze, teilweise ist nur Platz für einen Fuß. Wie gefährlich war die Aktion?

Für einen ungeübten Berggeher ziemlich gefährlich, wenn man falsch einen Tritt macht, hat man keine Chance mehr.

Mit der entsprechenden Erfahrung und voller Konzentration ist das Risiko aber kalkulierbar.

Für mich und den Toni war der Watzmann früher so etwas wie unser Training-Parcours. Ich habe die Überquerung vor ein paar Jahren in dreieinhalb Stunden geschafft, der Toni jetzt in 2 Stunden und 47 Minuten.

Diese Rekordzeit ist umso beeindruckender wenn man bedenkt, dass normale Bergwanderer 12 bis 15 Stunden brauchen. Einfach Wahnsinn, was der menschliche Körper schaffen kann.

Wahnsinn auch, wie du da hinterhersprintest und dabei noch filmst.

Das war tatsächlich eine Herausforderung. Ich habe mit einem Handheldgimbal gefilmt und hatte zusätzlich noch eine GoPro mit einem Brustgurt umgeschnallt.

Das ist meine Nische: Die Leistungen von Extrembergsportlern mit der Kamera festhalten – denn Mitlaufen und dabei Filmen oder Fotografieren, das können schon aus konditionellen Gründen nur ganz wenige.

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Bis vor wenigen Jahren warst du selbst im internationalen Spitzenbergsport unterwegs. Warum bist du in die Fotografie gewechselt?

Der Auslöser war eine hartnäckige Fersenspornerkrankung, während der ich ein Aha-Erlebnis hatte. Also habe ich mir eine kleine Kamera gekauft, bin durch die Berge geradelt, habe fotografiert, wirklich Gefallen daran gefunden und mich autodidaktisch weitergebildet.

Heute empfinde ich es als großes Glück, die Emotionen und Spitzenleistungen fotografisch festzuhalten und hautnah dabei zu sein.

Ist es das, was dich an der Fotografie fasziniert?

Ja, und der Kick, der dadurch entsteht, dass man bei solchen Events oft nur eine Chance für den richtigen Schuss hat. Ich glaube, es geht – wie bei sportlichen Wettbewerben – am Ende um Adrenalin und den Flow, in den man kommt, wenn man sich ganz und gar auf eine bestimmte Sache konzentriert.

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Mit welchem Equipment arbeitest du – und wieviel Kilo musst du den Berg hochschleppen?

Meine Hauptkamera ist die Panasonic Lumix S1R, die ich meist mit einem 35 mm nutze – einfach weil das eine schöne Perspektive hat und ich ohnehin nah an den Menschen sein will.

Alles in allem mit Ersatzakku usw. komme ich glaube ich schon auf vier bis fünf Kilo. Manchmal nehme ich deshalb auch nur die kleine Panasonic GX8 mit, aber meistens will ich auf die Vollformatqualität der S1R nicht verzichten.

Kannst du von der Fotografie leben?

Hauptberuflich bin ich beim Sportartikelhersteller Salomon angestellt, wo ich mich ums Marketing, Events und die sozialen Medien kümmere und für den ich auch fotografiere.

Darüber hinaus bin ich als Fotograf und Filmemacher selbstständig, hauptsächlich in der Sportevent-Fotografie. Und ich engagiere mich im eigenen Familienunternehmen, das unter den Label JUAdesign handgefertigte und fair gehandelte Patchworkhosen-Unikate vermarket.

Gemeinsam mit einer NGO unterstützen wir damit auch ein „Hilfe zur Selbsthilfe“-Projekt im Senegal.

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Gerade kommst du von einer Fotoshooting-Tour vom Großvenediger mit Paul Guschlbauer, mit dem du auch auch schon die Red Bull X-Alps Tour absolviert hast. War das die spektakulärste Tour, die du fotografisch begleitet hast?

X-Alps, das bedeutet mehr als 1.100 Kilometer zu Fuß und mit dem Gleitschirm von Salzburg bis Monaco, das war schon eine ziemlich anspruchsvolle Tour.

Dann habe ich letztes Jahr den „Wallrun“ absolviert, 1.400 km entlang der ehemaligen innerdeutschen Mauer in nur acht Tagen.

Die spektakulärste Aktion war aber wohl „Der lange Weg“, die längste Skitour der Welt, wo ich in 36 Tagen mehr als 1.700 km und knapp 90.000 Höhenmeter von Reichenau bei Wien bis Nizza zurückgelegt habe.

Auf welchen Berg geht’s morgen?

Morgen ist Bürotag, die Beine brauchen auch mal Ruhe zwischendurch.

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Philipp Reiter wurde 1991 in München geboren und lebt in Bad Reichenhall.

Bereits mit Anfang 20 hat er die wichtigsten Trailevents gewonnen und ist bei internationalen Skitour-Rennen auf den vorderen Plätzen gelandet.

Seit 2015 fotografiert und filmt der Spitzensportler Sportevents.
www.philipp-reiter.de

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